Kaukasische Sprachwissenschaft

Der Kaukasus ist ein Gebirge zwischen schwarzem und dem kaspischem Meer. An seinem höchsten Punkt ragt er 5642 Meter in den Himmel. In der Antike galt er als Grenze zwischen Europa und Asien. 

Das klingt erstmal nach kargen und felsigen Schneelandschaften, in die sich kaum ein Mensch verirren würde. Warum also sollte man sich als Sprachwissenschaftler mit dem Kaukasus beschäftigen? Weil dort auf engstem Raum eine Sprachenvielfalt herrscht, wie man sie auf der Welt nur selten findet. Neben indogermanischen Sprachen wie Armenisch und Turksprachen wie Aserbaidschanisch, findet sich dort eine Vielzahl an Sprachen, deren Sprachfamilie nur im Kaukasus zu finden ist.

Diese autochtonen Sprachfamilien sind der Forschungsgegenstand der kaukasischen Sprachwissenschaft. 

Es handelt sich um die westkaukasische (abchasisch-adygeische), die südkaukasische (Kartvelische) und die ostkaukasische (nachisch-dagestanische) Sprachfamilie. Die Kaukasiologie dokumentiert und erforscht diese Sprachen. Dabei deckt sie ein breites Spektrum der Linguistik, vor allem der vergleichenden Sprachwissenschaft, ab. So erforscht sie einerseits die historische Entwicklung und die Verwandtschaftsbeziehungen der drei Sprachfamilien. Zum anderen hat die Kaukasologie auch einen starken typologischen Fokus, denn die Sprachen des Kaukasus weisen eine große Varianz und Vielfalt bei ihren Sprachsystemen auf. Diese Vielfalt macht den Kaukasus zu einem für Sprachwissenschaftler unheimlich spannenden Areal.

Viele kaukasische Sprachen sind noch wenig dokumentiert und erforscht. Gleichzeitig sind viele von ihnen durch gesellschaftlichen Wandel vom Aussterben bedroht. Deshalb spielen auch Sprachdokumentation und Soziolinguistik eine große Rolle in der Kaukasologie.

Im Laufe des Studiums wirst du u.a. lernen, was ein Ejektiv ist, was es mit Ergativität auf sich hat, und wie man einen sehr langen Satz in nur ein Wort packen kann.

Studienafänger erwartet in den ersten beiden Semestern zunächst eine Einführung in die Grundlagen der vergleichenden Sprachwissenschaft der Kaukasischen Sprachen. Hier lernst du die drei autochtonen kaukasischen Sprachfamilien und ihre grammatische Struktur kennen. Das Modul umfasst u.a. eine Enführung in die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft der drei kaukasischen Sprachfamilien, einen Überblick über typologisch relevante sprachliche Phänomene in den kaukasischen Sprachen, wie z.B. Ergativität und Lokalkasus und befasst dich auch mit der Geschichte und Kultur der Völker. Von Beginn des Studiums an lernst du Georgisch, Amtssprache von Georgien und mit ca.4 Millionen Sprechern, die am weitesten verbreitete kaukasische Sprache. Im weiteren Verlauf des Studiums vertiefst du diese Kenntnisse und lernst weitere kaukasische Sprachen, wie z.B. das Udische, Khinalugische oder Megrelische kennen. Empfehlenswert ist es im Laufe des Studiums für den Kaukasus wichtige Sprachen wie Russisch und Türkisch zu erlernen. So ist ein großer Teil der wissenschaftlichen Literatur beispielsweise russischsprachig.

Bei der Sprachenwahl stehen wir beratend zur Seite und entwickeln für jeden Studierenden ein individuelles Studienprofil. Jeder Studierende sollte im Laufe des ersten Semesters einmal zur Schwerpunktberatung kommen, um einen sinnvollen Studienplan zu erstellen.

Detailliertere Infos zu Studienaufbau und -inhalten finden sich hier im entsprechenden Schwerpunktbereich unter der Rubrik Studierende.

Es bietet sich an nach dem B.A.-Abschluss einen Master in Kaukasischer Sprachwissenschaft anzuschließen. Wenn Empirische Sprachwissenschaft im HF belegt wurde (4-semestriger Bachelor), dann ist in Frankfurt lediglich ein 2-semestriger Master zu absolvieren. Ein Masterabschluss ermöglicht eine anschließende Promotion und Tätigkeit an Universität bzw. Forschungseinrichtungen.

Auch im außeruniversitären Bereich sind vielfältige Berufsfelder denkbar. Je nach Richtung können und sollten im Rahmen der Wahlpflichtmodule bereits entsprechende berufsfeldorientierte Kompetenzen erworben werden. Mögliche Berufsfelder umfassen:

  • Fortbildung / Personalarbeit: Training und Schulung mündlicher und schriftlicher Kommunikation, Kommunikationsberatung, Coaching, Moderation;
  • Interkulturelle Kommunikation: interkulturelles Training und Mediation: I. interkulturelle Kommunikationstrainer, z. B. Vermittler internationaler Teams, II. Mediatoren, Einsatz bei Konflikten, deren Ursachen in kulturellen Unterschieden liegen, III. Berater und kulturelle Mittler, Erschließung von Auslandsmärkten oder Maßnahmen zur Integration von Ausländern;
  • Presse / Medien / Public Relations: Medienkonvergenz, Umgang mit Text, Bild, Ton, Film, Grafik, Hypertext, praktische Erfahrung im Schreiben, Textgestalten, Redigieren und Moderieren;
  • Technische Dokumentation: technischer Redakteur, Übersetzer oder Lektor, Darstellung jeglicher Informationen über technische Produkte;
  • Computer / Software / Neue Medien: Softwareentwicklung, Planung, Entwicklung und Realisierung von Hypertexten und Hypermedia sowie deren Vermittlung, Entwicklung von Lehr- und Lernsystemen;
  • Klinische Linguistik: Diagnostik und Therapie neurogener Sprach- und Sprechstörungen, Qualitätsmanagement, Aus- und Fortbildung, Forschung und Methodenentwicklung;
  • Dolmetschen / Übersetzen (neue Bedeutung durch explosionsartige Bedarfsentwicklung auf fachlichem Gebiet);
  • Sprachunterricht (Mutter- und Fremdsprachen): Schuldienst, Alphabetisierungskurse.

Quelle: Becker-Mrotzek, Michael / Brünner, Gisela / Cölfen, Hermann (Hg.) Linguistische Berufe. Ein Ratgeber zu aktuellen linguistischen Berufsfeldern. Frankfurt/M. u.a.: Peter Lang 2000.