Indogermanische Sprachwissenschaft

Wenn Du alte Sprachen liebst und noch ältere kennen lernen willst, bist du bei der Indogermanistik richtig. In diesem Schwerpunkt ist dein Studienobjekt die indogermanische Sprachfamilie – zu ihr gehören die meisten der Sprachen, deren Sprachgemeinschaften zwischen Indien, dem Gebiet der indischen Sprachen, und Nordwesteuropa, dem Gebiet der germanischen Sprachen, angesiedelt sind. Von besonderem Interesse ist für Indogermanisten die historische Entwicklung dieser Sprachen – denn es steht fest, dass alle diese Sprachen aus einer einzigen Ursprache hervorgegangen sind, dem Urindogermanischen. Das Grundziel dieser Disziplin der Sprachwissenschaft ist die Rekonstruktion und Erforschung dieser Ursprache – und der Rückschlüsse, die man dadurch auf ihre Nachfahren, die indogermanischen Sprachen, ziehen kann. Dabei sind die ältesten bezeugten Sprachen dieser Sprachfamilie am nützlichsten, weshalb Du Dich im Laufe des Studiums viel mit ihnen beschäftigen wirst.
Im ersten Semester erhältst Du einen Überblick über die Indogermanischen Völker und Sprachen, wann sie existierten und wie sie belegt sind und liest kurze Textbeispiele aus einigen davon. Im zweiten Semester lernst Du die „komparative Methode“, die Indogermanisten anwenden, um aus den belegten Einzelsprachen der indogermanischen Sprachfamilie, gemeinsame Vorstufen zu rekonstruieren. Der Grundstein hiervon ist die indogermanische Lautlehre, die sich mit der Entwicklung einzelner Laute im Laufe der Zeit beschäftigt. Du lernst wie man das Lautsystem der urindogermanischen Grundsprache mithilfe der Komparativen Methode rekonstruiert und lernst die Anwendung der Methodik im begleitenden Tutorium. Am Ende dieser zwei Semester schreibst Du eine Klausur über beide Vorlesungen, mit Übungen, wie sie in den Tutorien vorbereitet wurden. 


Im dritten Semester lernst du dann, wie man mit der komparativen Methode die Grammatik des Urindogermanischen rekonstruiert. Im Modul indogermanische Formenlehre geht es also darum, welche grammatischen Kategorien (zunächst Arten von Nominal- und Verbformen) die indogermanische Ursprache hatte und wie sie sich entwickelt haben. Dieses Modul wird in einem Semester nach einer Vorlesung mit dazugehöriger Übung mit einer Klausur abgeschlossen.

Neben diesen grundlegenden Veranstaltung lernst du in den ersten Semestern auch die ersten altindogermanischen Sprachen kennen. 

Würde es ein Ranking der indogermanischen Sprachen geben, bei denen es Punkte gleichermaßen für möglichst frühe textliche Bezeugung und möglichst viel Textmaterial gibt, wäre Sanskrit mit Sicherheit an erster Stelle. Diese altindische Sakralsprache (sie wird bis heute im Hinduismus im Gottesdienst verwendet) wurde ungefähr im 4. Jh. v. Chr. festgehalten und regularisiert, enthält aber noch viel älteres Sprachmaterial. Gleichzeitig gibt es eine unschätzbare Fülle an Texten in dieser Sprache, was nicht bei allen so alten Sprachen der Fall ist. Dementsprechend fußt besonders die Formenlehre der rekonstruierten Ursprache besonders stark auf Sanskrit, weshalb alle Indogermanisten sich mit dieser Sprache auseinandersetzen müssen – und mit Blick darauf, dass bei uns die Formenlehre meist im dritten Semester besucht wird, sollte Sanskrit möglichst im ersten Semester begonnen werden.


Es bietet sich an nach dem B.A.-Abschluss einen Master in Indogermanischer Sprachwissenschaft anzuschließen. Wenn Empirische Sprachwissenschaft im HF belegt wurde (4-semestriger Bachelor), dann ist in Frankfurt lediglich ein 2-semestriger Master zu absolvieren. Ein Masterabschluss ermöglicht eine anschließende Promotion und Tätigkeit an Universität bzw. Forschungseinrichtungen.

Auch im außeruniversitären Bereich sind vielfältige Berufsfelder denkbar. Je nach Richtung können und sollten im Rahmen der Wahlpflichtmodule bereits entsprechende berufsfeldorientierte Kompetenzen erworben werden. Mögliche Berufsfelder umfassen:

  • Fortbildung / Personalarbeit: Training und Schulung mündlicher und schriftlicher Kommunikation, Kommunikationsberatung, Coaching, Moderation;
  • Interkulturelle Kommunikation: interkulturelles Training und Mediation: I. interkulturelle Kommunikationstrainer, z. B. Vermittler internationaler Teams, II. Mediatoren, Einsatz bei Konflikten, deren Ursachen in kulturellen Unterschieden liegen, III. Berater und kulturelle Mittler, Erschließung von Auslandsmärkten oder Maßnahmen zur Integration von Ausländern;
  • Presse / Medien / Public Relations: Medienkonvergenz, Umgang mit Text, Bild, Ton, Film, Grafik, Hypertext, praktische Erfahrung im Schreiben, Textgestalten, Redigieren und Moderieren;
  • Technische Dokumentation: technischer Redakteur, Übersetzer oder Lektor, Darstellung jeglicher Informationen über technische Produkte;
  • Computer / Software / Neue Medien: Softwareentwicklung, Planung, Entwicklung und Realisierung von Hypertexten und Hypermedia sowie deren Vermittlung, Entwicklung von Lehr- und Lernsystemen;
  • Klinische Linguistik: Diagnostik und Therapie neurogener Sprach- und Sprechstörungen, Qualitätsmanagement, Aus- und Fortbildung, Forschung und Methodenentwicklung;
  • Dolmetschen / Übersetzen (neue Bedeutung durch explosionsartige Bedarfsentwicklung auf fachlichem Gebiet);
  • Sprachunterricht (Mutter- und Fremdsprachen): Schuldienst, Alphabetisierungskurse.

Quelle: Becker-Mrotzek, Michael / Brünner, Gisela / Cölfen, Hermann (Hg.) Linguistische Berufe. Ein Ratgeber zu aktuellen linguistischen Berufsfeldern. Frankfurt/M. u.a.: Peter Lang 2000.

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