Ernst und Berta Scharrer-Hörsaal

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Dem Forscherehepaar Ernst und Berta Scharrer verdanken wir die Entdeckung der sekretorischen, hormonproduzierenden Nervenzelle und die Formulierung eines weit gespannten biologischen Konzeptes zur Neurosekretion.

Entscheidende Grundlagen für dieses Konzept entwickelten Ernst und Berta Scharrer zwischen 1933 und 1937 am Neurologischen Institut (Edinger-Institut) in Frankfurt am Main. In einer Synthese ihrer Befunde an "Drüsen-Nervenzellen" und "neurosekretorischen Organen" von Wirbellosen und Wirbeltieren legten Ernst und Berta Scharrer 1937 die erste Fassung ihrer Gesamtkonzeption neurosekretorischer Phänomene vor.
Aus heutiger Sicht hat dieser umfassende Aufsatz einen nahezu prophetischen Charakter. Er definiert die Mittlerrolle, die sekretorisch aktive Nervenzellen bei der wechselseitigen Informationsübertragung zwischen dem Nervensystem auf der einen und dem endokrinen System auf der anderen Seite spielen.

Das Scharrersche Konzept der Neurosekretion hat gemeinsam mit der Entdeckung der neurosekretorischen Bahnverbindung zwischen Hypothalamus und Neurohypophyse durch den Kieler Anatomen Wolfgang Bargmann zur Entstehung einer neuen biomedizinischen Disziplin geführt, der Neuroendokrinologie. Diese Disziplin hat in den letzten 3 Jahrzehnten eine stürmische Entwicklung genommen und sowohl die Hirnforschung als auch die Endokrinologie entscheidend beeinflusst.
Auf der Basis der Konzepte zur Neurosekretion und Neuroendokrinologie entstand die Definition des peptidergen Neurons, das seine Signale durch Sekretion von Neuropeptiden (z. B. dem antidiuretischen Hormon oder Somatostatin) entweder homonell oder synaptisch überträgt. Solche peptidergen Neurone haben ein hohes phylogenetisches Alter. Die weite Verbreitung im zentralen und peripheren Nervensystem untermauert ihre zentrale Rolle für die Integration neuronaler und endokriner Schaltkreise.

In Würdigung der außerordentlichen Bedeutung des wissenschaftlichen Lebenswerks von Ernst und Berta Scharrer hat der Fachbereich Medizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main 1998 beschlossen, den Hörsaal in der Dr. Senckenbergischen Anatomie nach diesen beiden bedeutenden Forschern zu benennen. Im rechten Treppenhaus zum Hörsaal findet sich eine Skulptur eines von Ernst und Berta Scharrer entworfenen Schemas eines endokrinen Neurons.