Gips und Zement - wichtige mineralische Baustoffe

Gips

Gips ist ein Baustoff, der in Form sehr unterschiedlicher Produkte für den Innenausbau eingesetzt wird. Schülerinnen und Schüler kennen Gipskartonplatten (z.B. Rigips-Platten) oder die Verwendung von Gips zum schnellen Ausbessern von Löchern und kleinen Schäden beim Renovieren. Auch andere Einsatzbereiche von Gips, wie der Gipsverband bei Knochenbrüchen oder die vielfachen Möglichkeiten, Gips beim Basteln zu verwenden (Masken, Skulpturen) sind geläufig. Schülerinnen und Schüler, die an Umweltthemen interessiert sind, haben von Gips als Produkt der Rauchgasentschwefelung gehört.

Das Thema Gips legt zunächst die Vermutung nahe, daß nur Altbekanntes wiederholt wird. Schließlich werden die Bildung von Calciumsulfat und dessen Eigenschaften schon immer im Chemieunterricht behandelt. Tatsächlich bietet die Thematik Gips aber eine Reihe weiterer interessanter Aspekte, die mit geringem Aufwand auch experimentell erarbeitet werden können.

Für den Chemieunterricht ist Gips aus mehrerer Hinsicht interessant:

  • Bei der Behandlung von Salzbildungsreaktionen stellt Calciumsulfat ein Beispiel eines schwerlöslichen und einfach zugänglichen Salzes dar, das noch dazu nicht toxisch ist.
  • Es besteht - wie bereits einführend gesagt - ein ausgeprägter Bezug zur Lebenswelt, mögliche Anwendungen können einfach demonstriert werden.

Darüber hinaus bieten sich aber weitere, bisher im Unterricht kaum berücksichtigte Gesichtspunkte:

  • Die Abspaltung von Wasser aus dem Calciumsulfat-Dihydrat ist umkehrbar, es wird also ein Kreisprozeß beschritten. Somit kann auch der Gips einer Gipskartonplatte wieder zu einem abbindefähigen Produkt verarbeitet werden.
  • Je nachdem, in welchem Maße Wasser aus dem Dihydrat abgespalten wird, erhält man Produkte mit unterschiedlicher Reaktivität gegenüber Wasser.
  • Bei starkem Erhitzen zersetzt sich das Calciumsulfat unter Bildung von Schwefeldioxid, Sauerstoff und Calciumoxid. Auch dieser Vorgang kann Teil eines Kreisprozesses sein, bei dem die zum Aufschluß von Phosphaten benötigte Schwefelsäure recycliert wird.

Das Thema Gips ist somit weitaus vielschichtiger, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Dabei bietet sich im Chemieunterricht die Möglichkeit, experimentell wahlweise qualitativ oder quantitativ vorzugehen. Im Hinblick auf den Einsatz in der Sekundarstufe I wird der Schwerpunkt auf die mit weniger Aufwand durchführbaren qualitativen Versuche gelegt. Entsprechend der sehr weitgefächerten Verwendung von Gips können allerdings nicht alle Aspekte behandelt werden.

Zement und Kalksandstein

Über den klassischen mineralischen Baustoff Zement findet man allenfalls wenige Informationen und kaum Versuchsvorschriften in der fachdidaktischen Literatur. Meist werden nur seine Eigenschaften als hydraulisches Bindemittel vorgestellt. Ein Grund hierfür ist wahrscheinlich die nicht einfache experimentelle Zugänglichkeit zu diesem Themenbereich und die Tatsache, dass es sich bei der Zementchemie nicht um einheitliche Vorgänge, sondern um viele nebeneinander ablaufende Reaktionen handelt.

Gerade durch die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, die durch eine ausgeprägte Tendenz zur Eigenarbeit im Bereich Bauen und Wohnungsrenovierung geprägt ist, hat die gesamte Thematik der Baustoffe jedoch sehr viel an Bezug zur Lebenswelt gewonnen. Wir haben deshalb in einer ersten Arbeit untersucht, inwieweit die Inhalte Zement und Kalksandstein für die Schulchemie erschlossen werden können.

Nach unserer Erfahrung sind die folgenden Experimente für den Chemieunterricht empfehlenswert:

  • Chemische Analyse von Zement (Nachweis von Calcium-, Eisen-, Aluminium-, Sulfat- und Silikat-Ionen).
  • Vergleich der Abbindefähigkeit von Rohmehl und Zementklinker. Rohmehl bindet im Gegensatz zu Zementklinker nicht zu einem festen Gefüge ab.
  • Einfluss der Mahlfeinheit des Zementklinkers auf die Festigkeit von Zementstein. Je feiner der Zementklinker zermahlen wird, um so fester ist ein daraus hergestellter Zementstein.
  • Nachweis der Basizität von Zementen. Wässrige Aufschlämmungen von Zementen reagieren stark basisch. Dies hat besonders hinsichtlich des Arbeits- und Unfallschutzes Bedeutung.
  • Untersuchung der chemischen Widerstandsfähigkeit von Zementstein. Säuren wie Salzsäure greifen Zementstein an.
  • Schrumpfung als Phänomen der Zementhärtung. Der Versuch zeigt, daß es sich bei der Härtung um eine Hydratation und nicht um einen Trocknungsvorgang handelt.
  • Temperaturanstieg beim Abbinden unterschiedlicher Zementsorten. Zement mit hohem Tricalciumsilikat Anteil zeigt eine höhere Reaktionswärme als Sorten mit niedrigem Tricalciumsilikat-Gehalt.
  • Beeinflussung des Erstarrungsverhaltens von Zementklinker durch Verzögerer und Beschleuniger. Reiner Zementklinker bindet durch die Reaktion von Tricalciumaluminat mit Wasser sehr schnell ab und läßt sich kaum verarbeiten. Gipszusätze verlangsamen diese Reaktion durch die Bildung von Calciumaluminatsulfat (Ettringit) als dünne Schicht auf Tricalciumaluminat. Hingegen wirkt Natriumcarbonat als Erstarrungsbeschleuniger.
  • Beeinflussung des Fließverhaltens von Beton durch Zusatz von Ligninsulfonsäure-Salzen.
  • Bestimmung der Härte (Ritzhärte) von Zementstein in Abhängigkeit von dem Verhältnis Wasser/Zement.
  • Herstellung von Leichtbeton. Durch Zumischung von Styropor zu Beton lassen sich Steine herstellen, die leicht sind und ohne hohen Energieaufwand zu bearbeiten sind.
  • Die Herstellung von Gasbeton durch den Zusatz von Aluminiumpulver zu einer Betonmischung.
  • Nachweis von Huminsäuren in Mörtel- oder Betonsand. Mit Huminsäuren verunreinigte Sande eignen sich nicht für Zementwerkstoffe und ergeben bei der Prüfung mit Natronlauge eine Gelbfärbung.
  • Herstellung von Kalksandstein aus Calciumoxid, Sand und Wasser im Dampfdruck-Kochtopf.
      

Die bisher entwickelten Experimente geben einen ersten Einblick in die Chemie des Zements. Die Ergebnisse zeigen, daß die Erarbeitung von Modellversuchen, die grundlegende Aspekte der Zementchemie verdeutlichen, eine vorrangige zukünftige Aufgabe ist.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:

Claudia Heger, Dieter Sgoff

Publikationen:

  • H. J. Bader und D. Sgoff, Nur ein wenig Wasser - Unterrichtsvorschläge zum Thema Gips, NiU (Chemie) 7/32 (1996) 34 und NiU-Sammelband 1999 "Chemie im Haushalt" (Hrsg. B. Lutz, P. Pfeifer und H. Schmidkunz), Friedrich, Velber 1999, S. 112.
  • H. J. Bader und C. Heger, Mineralische Baustoffe - Neue Schulexperimente zu einem vernachlässigten Thema, Zur Didaktik der Physik und Chemie (Hrsg. H. Behrendt), Leuchtturm, Alsbach 1995, S. 344;
  • ausführliche Fassungen in:
    c+b (Chemie und Biologie), Vereinigung Schweizerischer Naturwissenschaftslehrer, 39, 4 (1995) 31 und:
    Chemieuntericht im Spannungsfeld Gesellschaft - Chemie - Umwelt (Hrsg. A. Kometz), Cornelsen, Berlin 1998, S. 187.