Lehrveranstaltungen Archiv Dr. Regina Toepfer

Winter 2005 / 2006

 

Einführung in die Ältere deutsche Literaturwissenschaft

Beginn: 20. Oktober 2004

Einführungsvorlesung und Begleitseminar schaffen die Voraussetzungen für das Studium der deutschen Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit.

Im Begleitseminar stehen der Erwerb von Lektürekompetenz und die Einführung in literaturwissenschaftliche Arbeitstechniken der germanistischen Mediävistik im Vordergrund.

Textgrundlage: Hartmann von Aue: Erec, besorgt v. Christoph Cormeau; Kurt Gärtner. Tübingen 1985 [ATB 39].

Hilfsmittel: Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Stuttgart 1992.

 

Proseminar  

Medialer Wechsel; Von der Handschrift zum Druck

Beginn: 26. Oktober 2005

Im 15. Jahrhundert findet ein medialer Wechsel von der Handschrift zum Druck statt, dessen Bedeutung mit der gegenwärtigen Entwicklung vom Druck zur elektronischen Datenspeicherung verglichen werden kann. Durch die Möglichkeit einer kostengünstigen und massenhaften Vervielfältigung sind Rezipienten nicht länger auf persönliche Beziehungen angewiesen, um ein Werk lesen zu können. Traditionelle Kommunikationssysteme werden erweitert, neue Zugangswege zu dem vorhandenen Wissen erschlosssen und Informationen leichter verfügbar gemacht. Die Bewertung des neuen Mediums ist in der Forschungsliteratur jedoch nicht unumstritten: Handelt es sich bei der Erfindung Gutenbergs um eine Medienrevolution oder um eine Evolution, den Abschluß einer Jahrhunderte währenden Entwicklung? Von dieser Frage ausgehend, wird der Übergang von der Handschrift zum Druck betrachtet. In dem ersten Teil des Seminars wird die Loslösung vom skriptographischen Vorbild (z.B. in Aufbau, Schriftgestaltung, Illustration, durch Einführung des Titelblatts) nachvollzogen. Weil die Produktion von Textausgaben verstärkt ökonomischen Kriterien unterworfen ist, wird die Literaturauswahl durch den Buchdruck deutlich eingeschränkt. Welche volkssprachigen Werke in den Druck gelangen (Prosaromane, Enzyklopädien, Fabeln) und zu 'Bestsellern' der Frühen Neuzeit (Bibeln) avancieren, wird in dem zweiten Teil des Semesters an ausgewählten Textbeispielen untersucht.

Empfohlene Literatur

  • Tilo Brandis: Handschriften- und Buchproduktion im 15. und frühen 16. Jahrhundert. In: Ludger Grenzmann; Karl Stackmann (Hgg.): Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Symposion Wolfenbüttel 1981. Stuttgart 1984 [Germanistische Symposien Berichtsbände 5], 176-193.
  • Stephan Füssel: Gutenberg und seine Wirkung. Darmstadt 1999.
  • Michael Giesecke: Der Buchdruck in der frühen Neuzeit. Eine historische Fallstudie über die Durchsetzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien. Frankfurt 1991.

 


 

Sommer 2005

 

Proseminar

Übersetzen im Mittelalter

Beginn: 13. April 2005

Die Bedeutung von Übersetzungen für das Entstehen von Literatur kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ohne die Auseinandersetzung mit lateinischen und französischen Vorlagen wären die Werke des deutschen Mittelalters nicht zustande gekommen. Allerdings scheinen die mittelhochdeutschen Autoren wie Hartmann von Aue, Gottfried von Straßburg oder Konrad von Würzburg eine für moderne Verhältnisse ungewöhnliche Vorstellung von einer treuen Wiedergabe des ausgangssprachlichen Texts zu haben. Sie bezeichnen ihre Tätigkeit als diuten, rihten oder erniuwen und übernehmen zwar den vorgegebenen Stoff, doch erzählen sie diesen auf eine neue Weise wieder. Erst im 15. Jahrhundert wird der Begriff transferyeren verwendet, mit dem ein Bewußtsein für die unverletzliche Autorität des ausgangssprachlichen Texts verbunden ist. Durch die formale Nachahmung der Satzstruktur bemüht sich etwa der deutsche Frühhumanist Niklas von Wyle die Treue zum Original zu garantieren. Ein anderes Übersetzungsideal verfolgt dagegen Martin Luther, der fordert, man solle dem Volk auff das maul sehen und danach dolmetzschen. Welche konkurrierenden Konzepte von Übertragungen im Mittelalter und der Frühen Neuzeit bestehen und welche Faktoren diese bestimmen, soll in dem Seminar erarbeitet werden. Nach einer Einführung in die neueren Übersetzungstheorien werden programmatische Äußerungen in mittelhochdeutschen Prologen und frühneuhochdeutschen Widmungsbriefen untersucht und die Umsetzung des erhobenen Anspruchs am Text geprüft. Dabei gilt es, das individuelle Verständnis des Übersetzers ebenso zu berücksichtigen wie die intendierte Funktion, das Zielpublikum und das literarische System, um so zu einem differenzierten Urteil über das Übersetzen im Mittelalter zu gelangen. Zur Einführung empfohlen: Franz Josef Worstbrock: Wiedererzählen und Übersetzen. In: Mittelalter und frühe Neuzeit. Übergänge, Umbrüche und Neuansätze, hg. v. Walter Haug. Tübingen 1999 [Fortuna Vitrea 16], S. 128-142. Uwe Baumann: Übersetzungstheorien. In: Metzler-Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze # Personen # Grundbegriffe, hg. v. Ansgar Nünning. Stuttgart; Weimar 1998, S. 544-548.