Lehrveranstaltungen Archiv

Einführungsseminar (Proseminar) II

Einführung in die Ältere deutsche Literaturwissenschaft II: Der Tristan Gottfrieds von Straßburg

Beginn: 02. Mai 2003

Nur für Studierende, die im Wintersemester am ersten Teil der Einführung teilgenommen haben!

Nachdem im Wintersemester mit den Informationen über die Geschichte, Kultur und Gesellschaft des Mittelalters, mit der Einführung in das Mittelhochdeutsche und mit der exemplarischen Darstellung dreier Personen des 13. Jahrhunderts (König Konrads IV., des Dichters Rudolf von Ems, der ‚Franziskanerin' Klara von Assisi) der Grund für eine intensivere Beschäftigung mit der Literatur gelegt wurde, soll in diesem Semester die Arbeit an einem Text im Vordergrund stehen: Gottfrieds von Straßburg Roman Tristan und Isolde.

An Themen wird es nicht fehlen: Fragen der Motiv- und Textgeschichte, die Interpretation des Romans unter verschiedenen Gesichtspunkten, die Stellung des Autors Gottfried im literarischen Kontext seiner Zeit, die Überlieferungsgeschichte, die Rezeption- und Forschungsgeschichte werden Gegenstände der Reflexion und Diskussion im Seminar sein.

Ein Seminarplan wird noch im Wintersemester im Seminar vorgestellt werden, die Studierenden haben damit die (verpflichtende!) Gelegenheit, sich für ein Thema zu entscheiden und sich schon in der vorlesungsfreien Zeit mit ‚ihrem' Thema zu beschäftigen und sich umfassend auf ihr Referat vorzubereiten.

Als Textgrundlage dient die zweisprachige Ausgabe: Gottfried von Straßburg: Tristan, nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. 3 Bände (RUB 4471/4472/4473) 3. Auflage, Stuttgart 1984. Zur Vorbereitung wird dringend empfohlen die Lektüre von: Christoph Huber: Gottfried von Straßburg: Tristan. (Klassiker-Lektüren 3) 2Berlin 2001. Den Schein für das Gesamtseminar gibt es für die (gelungene!) kleine Hausarbeit über das Mittelhochdeutsche, die am Ende des Wintersemesters geschrieben wurde, und für die schriftliche Ausarbeitung des Referates (vom Ende des Wintersemesters oder) einer Sitzung des Sommersemesters. Es gibt auch die Möglichkeit, am Ende des Sommersemesters statt Referat und Ausarbeitung eine kleine Hausarbeit über den Stoff beider Semester (ohne Mittelhochdeutsch) zu schreiben.

Seminar

Judentaufen und getaufte Juden in Texten des 16. Jahrhunderts

Beginn: 28. April 2003

Mittelalterliches und Religions- und Staatsverständnis konnte die Existenz nichtchristlicher Gruppen (seien es nun, wie die beliebte Trias lautete, Heiden, Juden oder Ketzer) im Staatskörper des orbis christianus, der ja nicht selten als corpus Christi mysticum verstanden wurde, gar nicht oder nur mit größten Schwierigkeiten denken, dulden oder gar akzeptieren.

Heiden waren aber nach der erfolgreichen Christianisierung Europas (fast) nur noch außerhalb der Grenzen zu finden (und notfalls mit militärischen Mitteln aufzuhalten oder zu vertreiben), Ketzer konnten erkannt, dingfest gemacht und durch Überzeugung, Druck oder Gewalt ‚unschädlich' gemacht werden. Bei den in den christlichen Staaten lebenden Juden war es nicht ganz so einfach, denn ihre Existenz störte zwar das Harmoniebedürfnis der Christen erheblich, was oft zu Diskriminierungen, zu Unterdrückungen, Verfolgungen und Vertreibungen führte, ja zur Ausrottung ganzer Gemeinden. Aber seit Augustinus galten die Juden auch (wenn man sich schon nicht an Paulus im Römerbrief 11,13-24 orientieren wollte) als quasi Buchverwalter und Archivare der Christen, als unselige "Zeugen ihrer Bosheit und unserer Wahrheit", die nicht mit Gewalt aus der christlichen Sphäre verbannt werden durften, sondern als Parias zu dulden waren. Dennoch wurde ihre pure Existenz als immerwährender Stachel im alleinseligmachenden Fleisch des Christentums empfunden.

In vielen, auch volkssprachlichen Schriften malten sich christliche Autoren deshalb Taufen, ja Massentaufen von Juden aus, die die tatsächlich vorhandene Pluralität der Religionen zumindest in den christlichen Staaten beenden und die erträumte Einheit und Einheitlichkeit als Voraussetzung für die Entstehung der civitas dei und der Ermöglichung der Parusie bringen sollten.

In der Wirklichkeit des Mittelalters und der frühen Neuzeit waren Judentaufen aber höchst selten, wurden daher, wenn sie vorkamen, als herausragendes Ereignis, als Zeichen des Triumphes der Kirche über die Judenheit und Vorzeichen der erhofften Massentaufen gebührend gefeiert. Auch im Zeitalter der Glaubensspaltung erhofften sich die Protagonisten beider Seiten Proselyten, deren Übertritt nun aber nicht nur als Sieg über das Judentum interpretiert, sondern als Beweis für die Wahrheit der jeweiligen Konfession gegenüber der ‚Unwahrheit' der anderen gewertet wurde.

Im Seminar wird es darum gehen, nach einer Darstellung des paradigmatischen Falles der Taufe des Juden Judas zu ‚Hermann' im Jahre 1128 (oder 1229), Berichte über Judentaufen vor und während der Reformation zu lesen und unter den genannten Aspekten zu diskutieren, sodann an wenigen Beispielen die Aufnahme solcher Neuchristen in die christlichen Gemeinden zu überprüfen - und die Funktion von Judentaufen und der Reaktion von getauften Juden auf die vorgefundenen Zustände darzustellen.

Die zu lesenden Texte werden bis Ende Februar bereitgestellt (bitte auf die entsprechenden Aushänge achten!), dann können/sollten auch Themen übernommen werden!

Zur Vorbereitung empfehle ich die Lektüre von:

Friedrich Niewöhner und Fidel Rädle (Hgg.): Konversionen im Mittelalter und in der Frühneuzeit. (Hildesheimer Forschungen, Band 1) Hildesheim u.a. 1999.

Scheine für ausgearbeitetes Referat oder Hausarbeit.

 

Oberseminar

Hippolyt Guarinoni (1571-1654) und der Anderle-Kult in Rinn

Zur Geschichte einer Ritualmordlüge

Beginn: 30. April 2003

"Josef Unterlechner, mit Hausnamen Schärmer Pepi, ist offenbar am Widerstand gegen die Amtskirche durch sein Festhalten an der traditionellen Anderle von Rinn-Verehrung zerbrochen. Er wurde - ohne sein Wollen und Zutun - zur Galionsfigur der Auflehnung gegen die progressive Geistlichkeit und damit Widerpart von Diözesanbischof Reinhold Stecher. Der Pepi hat gekämpft und hat den ungleichen Kampf verloren. Er wußte sehr wohl, daß er selbst und mit ihm die Rinner nur ein unbedeutendes kleines Rädchen in der großen Politik zwischen Rom und Jerusalem waren. Er war ein aufrechter Tiroler Mann, der für seine Überzeugung auf die Barrikaden gestiegen ist und letztendlich teuer für seine Überzeugung bezahlt hat."

In diesem Nachruf, der am 29. August 1990 im "Bezirksblatt", einem Innsbrucker Anzeigenblatt, zu lesen war, ist die ganze Geschichte der Verehrung des Anderle von Rinn, des angeblichen Opfers eines angeblich von Juden begangenen Ritualmordes enthalten.

Im Oberseminar wollen wir uns zunächst der Geschichte der Ritualmordbeschuldigungen gegen die Juden seit dem 12. Jahrhundert zuwenden, sodann dem bestens dokumentierten ‚Konkurrenzunternehmen', des Simon-Kultes in Trient und dessen Geschichte bis in die Gegenwart. So vorinformiert, wollen wir die Geschichte des Rinner Kultes um das Anderle untersuchen, von den Anfängen in den Schriften und im Wirken des Erfinders und Begründers des Kultes, Hippolyt Guarinoni, über die Einführung des Kultes als eines (halb-)offiziellen der Tiroler Kirche (1753 wurde der 12. Juli für die Diözese Brixen zu einem "Festum duplex major" mit eigenem Messformular erklärt), von den frühen (17. Jahrhundert) bis zu den späten (1954) Aufführungen von Anderle-Spielen. Schließlich sollen die Umstände der Kultsistierung im späten 20. Jahrhundert und die Konflikte, die sich daraus lokal und regional ergaben, Gegenstand der Darstellung im Seminar und der Diskussion sein, wobei der Kontext von Antijudaismus und Antisemitismus immer mitbedacht werden soll.

Zur Vorbereitung empfehle ich die Lektüre von:

Rainer Erb (Hg.): Die Legende vom Ritualmord, Zur Geschichte der Blutbeschuldigungen gegen Juden. (Dokumente, Texte, Materialien, veröffentlicht vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin, Band 6) Berlin 1993, v.a. die Aufsätze von Schroubek, Lotter, Jeggle, Anselm. Judenstein, Das Ende einer Legende, Dokumentation, hg. von der Diözese Innsbruck. Innsbruck o.J. (nach 1994). - Der Text dieser Dokumentation liegt zum Kopieren in Zi 2.213 aus (bitte auf die Öffnungszeiten achten!)

Es wäre schön, wenn sich schon vor dem Beginn des Semesters Bearbeiter/innen für die beiden ersten Themen (Geschichte der Ritualmordlüge, Simon von Trient) finden könnten!!!


 

Winter 2002 / 2003

Einführungsseminar (Proseminar) I

Einführung in die Ältere deutsche Literaturwissenschaft I

Beginn: 18. Oktober 2002

Diese Einführung ist auf zwei Semester angelegt. Im Wintersemester soll zunächst ‚das Mittelalter' allgemein Gegenstand der Darstellung und Diskussion sein. Dabei werden in einem ersten Teil des Seminars die Themen im Vordergrund stehen, die für die Literatur des Zeitalters konstitutiv sind: Religion, Kultur, soziale und ökonomische Verhältnisse.

Im zweiten Teil des Wintersemesters sollen anhand der detaillierten Darstellung einzelner herausragender Personen der Kirche, der Politik und der Literatur die zuvor allgemein besprochenen Themen vertieft und an Personen anschaulich gemacht werden. In diesem Semester werden dies folgende Personen sein:

Ein unglücklicher König: Konrad IV.

Ein Autor in (auch) königlichern Diensten: Rudolf von Ems.

Der Gegenentwurf: Klara von Assisi.

In die einzelnen Arbeitsschritte integriert werden Informationen über Arbeitsmittel und Arbeitstechniken der Germanistischen Mediävistik.

In diesem ersten Semester der Einführung wird auch eine kompakte Einführung in das Mittelhochdeutsche angeboten, deren Erfolg mit einer kleinen Hausarbeit getestet wird. Das Ergebnis wird auf dem Schein für das Gesamtseminar am Ende des Sommersemesters 2003 bestätigt.

Zur Arbeitsweise:

Im ersten Abschnitt der Einführung und in der Einführung in das Mittelhochdeutsche wird der Vortrag des Seminarleiters im Vordergrund stehen. Die Darstellung der exemplarischen Personen wird von kleinen studentischen Arbeitsgruppen vorbereitet und im Plenum vorgetragen. Scheine können erworben werden durch (Gruppen-)Referat (mit anschließender schriftlicher Ausarbeitung, die nach Abgabe in der Sprechstunde besprochen und benotet wird) oder durch eine kleine Hausarbeit, die am Ende des Sommersemesters 2003 über den Stoff (außer MHD, s.o.!) beider Semester angefertigt wird.

Als Arbeitsgrundlagen dienen:

Thomas BEIN: Germanistische Mediävistik, Eine Einführung. (Grundlagen der Germanistik, Band 35) Berlin 1998.

Hilkert WEDDIGE: Mittelhochdeutsch, Eine Einführung. (C.H.Beck Studium) ²München 1998.

Eine einführende BIBLIOGRAPHIE zur Vorbereitung und Vertiefung der besprochenen Themen, zur Erarbeitung der Referate und Hausarbeiten, zugleich als Vademecum für das Studium der Germanistischen Mediävistik gedacht, wird am Anfang des Semesters zur Verfügung gestellt.

 

Proseminar

Vigil Raber: Autor, Schreiber, Spieler, Dramaturg, Maler. Anlässlich der 450. Wiederkehr seines Todesjahres.

Beginn: 16. Oktober 2002

Vigil Raber (+ 1552), neben dem Sozialrevolutionär Michael Gaismair der zweite große Sohn der kleinen Stadt Sterzing unterhalb des Brennerpasses, ist (außer in Sterzing natürlich!) meist nur Spezialisten für das spätmittelalterliche Geistliche und Weltliche Spiel bekannt. Doch spielt er für die Kultur und Literatur seiner Region, des habsburgischen Tirol, eine wichtige Rolle, sozusagen als kleines Universalgenie. Er, Sohn eines Bäckers, wurde zum Maler ausgebildet und war Zeit seines Lebens als solcher in den verschiedensten Aufgaben tätig (gerade jüngst meint man im Brixener Diözesanmuseum eine Altartafel von ihm entdeckt zu haben). Für die Literaturgeschichte wichtig wurde er als Spieleleiter, Spieler, Bearbeiter, Schreiber, Sammler von geistlichen und weltlichen Spielen. Sein Oeuvre, meist Autografen, ist zwar nicht vollständig, aber doch zum größeren Teil erhalten und liegt (bis auf eine Ausnahme) im Stadtarchiv in Sterzing.

In diesem Seminar wird es darum gehen, das Leben und Werk dieses Mannes aufzuarbeiten, einige der von ihm überlieferten Texte (darunter auch das rätselhafte Spiel Ain recht das cristus stirbt) zu lesen und im Zusammenhang der Geschichte Tirols in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu interpretieren, also auch im Kontext der in Tirol gescheiterten Bauernaufstände (Raber hatte intensiven Kontakt zu Gaismair!) und der damit gescheiterten Reformation.

Ein Schein kann erworben werden durch Referat mit anschließender schriftlicher Ausarbeitung.

Der Seminarplan und die Mastercopy eines Readers werden zu Anfang August in Zi 2.213 ausliegen. Anmeldung (mit Übernahme eines Referates!?) in den Sprechstunden in der vorlesungsfreien Zeit.

 

Seminar

Der Antichrist in der interkonfessionellen Polemik des 16. Jahrhunderts

Beginn: 14. Oktober 2002

Scheine für Referat und dessen Ausarbeitung. Anmeldung im Laufe der vorlesungsfreien Zeit (oder früher) erbeten! Soll ich mit einer Anekdote beginnen, die den Vorteil hat, wahr zu sein? Meine blinde Großtante, die ich nach 1945 gelegentlich zum Einkauf in einem kleinen Schwarzwalddörfchen zu führen hatte, erklärte mir 1949 vor Plakaten zur ersten Bundestagswahl die Aufteilung der Welt. Auf meine Frage: „Tante, was isch des, CDU?“, antwortete sie kurz und bündig: „Des sin mir!“. Und auf die Frage: „Un SPD, was isch des?“ kam die Antwort ebenso ohne auch nur den Anflug eines Zögerns: „Desch dr Ändechrischt!“. (Was der sei, wusste ich damals natürlich noch nicht, aber etwas Furchtbares, nämlich der gerade Gegensatz zum „Wir“, musste er – und die SPD dazu – sein, das merkte auch ein achtjähriges Kind). Die Vorstellung vom Antichrist ist entstanden aus der Interpretation einer Vielzahl von Schriftstellen des Ersten und Zweiten Testamentes (und einiger zusätzlicher Quellen), sie wurde nach ‚Vorarbeiten’ Gregors d. Gr. systematisiert von dem Abt Adso von Montier-en-Der in seiner Epistula de ortu et tempore Antichristi als Vorzeichen des Weltendes. Die Unfestigkeit der Vorstellung erlaubt vor allem seit dem 12. Jahrhundert eine Personalisierung. ‚Der’ Antichrist, der als reale Person imaginiert wurde, konnte nunmehr mit allen wirklichen oder vermeintlichen Feinden der Christenheit (oder in der Christenheit) identifiziert werden. Mit den Turk-Stämmen seit dem 12. Jahrhundert, später (nach Joachim von Fiore) mit einigen Päpsten, die sich gegen die radikalisierte franziskanische Armutsbewegung stellten. In Weiterführung der franziskanisch-joachimitischen Tradition stellten die Protestanten gerne die Päpste (oder das gesamte Papsttum!) als satanisch-antichristliche Macht dar, die Altgläubigen konterten mit der Darstellung von Reformatoren als Antichrist. Im Seminar wollen wir zunächst die Geschichte des Antichrist bis in das 16. Jhd. aufarbeiten, sodann an zwei bedeutenden Beispielen aus diesem Jahrhundert (Passional Christ und Antichristi von Lucas Cranach d.Ä., Melanchthon und Schwertfeger von 1521; Luzerner Antichristspiel des Zacharias Bletz aus dem Jahr 1549) Tradition, Gestalt, Wirkung und Fortwirkung des Motivs erkunden, schließlich an einigen noch unedierten Texten des 16. Jhds die Verwendung des Motivs als Waffe im Streit der sich bildenden Konfessionen kennen lernen und im Kontext interpretieren.

P.S. Als ich vor einigen Jahren meine kindliche Begegnung mit dem Antichrist einem CDU-Bürgermeister der Region erzählte, gratulierte er mir spontan zu meiner ‚klugen Großtante’.

Eine vorläufige Bibliographie wird Anfang August in Zi 2.213 zur Verfügung stehen, die unedierten Texte zu Anfang des Semesters (bei Bedarf von Referent/inn/en auch früher), die edierten Texte können aus den Exemplaren der SUB kopiert werden. Zur Vorbereitung empfehle ich die Lektüre von: Barbara Könneker: Der Antichrist. In: Ulrich Müller, Werner Wunderlich (Hgg.): Dämonen, Monster, Fabelwesen. (Mittelalter-Mythen, Band 2) St. Gallen 1999, S. 531-544.


 

Sommer 2002

Einführungsseminar (Proseminar) 

Einführung in die Ältere deutsche Literaturwissenschaft II

Beginn: 12. April 2002

Nur für für Studierende, die im Wintersemester 2001/2002 am ersten Teil der Einführung teilgenommen haben!

Nachdem im Wintersemester mit den Informationen über Geschichte, Gesellschaft und Kultur des Mittelalters, mit der Einführung in das Mittelhochdeutsche und mit der exemplarischen Darstellung dreier herausragender Personen des 13. Jahrhunderts (Friedrich II. Albertus Magnus, Thomasin von Zerclaere) der Grund für eine intensivere Beschäftigung mit der Literatur des Hohen Mittelalters gelegt wurde, soll im Sommersemester die Arbeit an und mit Texten im Vordergrund stehen. Wichtige Autoren und Textsorten werden zumeist von den Studierenden selbst im Referat vorgestellt. Die Vergabe der Themen erfolgt noch im Wintersemester.

Den Schein gibt es für die (gelungene!) kleine Hausarbeit über das Mittelhochdeutsche, die am Ende des Wintersemesters geschrieben wurde, und für die schriftliche Ausarbeitung des Referates (vom Ende des Wintersemesters oder) der Sitzungen des Sommersemesters. Es besteht auch die Möglichkeit, statt Referat und Ausarbeitung am Ende des Sommersemesters eine kleine Hausarbeit über den Stoff beider Semester (ohne Mittelhochdeutsch) zu schreiben. Selbstverständlich werden Scheine erst nach Besprechung der eingereichten Arbeiten in der Sprechstunde ausgegeben.

 

Seminar

Laienkatechese durch Angst: Der Ritter Tundalus

Beginn: 08. April

Damit das Seminar im ohnehin kurzen Sommersemester sogleich arbeitsfähig ist, bitte ich um verbindliche Anmeldung noch vor Ostern!

Der reiche Bauernsohn und spätere Leutpriester Arnt Buschmann hatte in den Jahren 1437 und 1438 Visionen, in denen der Geist seines Großvaters um Erlösung aus den Qualen des Fegefeuers bat. Wenige Jahre später verfasste er, um seine Mitmenschen vor den Qualen von Hölle und Fegefeuer zu warnen, einen Bericht, den er 1450 auch dem damaligen Papst Nikolaus V. überreichte. In diesem Bericht, er ist als "Arnt Buschmanns Mirakel" bekannt, erwähnt der Autor im 40. Kapitel, wohl um den Wahrheitsgehalt seines Werkes zu dokumentieren, ein weiteres Werk dieser Gattung:

'Vnd es ist noch ein buch an etlichen enden von eynem ritter geheyssen Tondalus / der was dry dage dot gewesen / vnd kam widder zu dem leben vnd der hatte vil gesehen in dem geist / vnd hat vil beschrieben von pin / vnd von freuden die er gesehen hatte / vnd das selbe buch saget diessem buch vast glich.'

Das von Arnt erwähnte Buch wurde um 1150 im Regensburger Schottenkloster von einem Mönch namens Marcus (möglicherweise aus dem Irischen) auf Latein niedergeschrieben und beschreibt die Erlebnisse einer Seele im Jenseits, wo sie von einem Engel durch alle Regionen, von den Schrecknissen der Hölle bis zur Anschauung Gottes geführt wird. Dieses Buch hatte über viele Jahrhunderte ungeheuren Erfolg, es wurde in fast alle europäischen Volkssprachen übersetzt, darunter (schon seit dem 12. Jahrhundert!) mehrfach ins Deutsche. Im 15. Jahrhundert waren die Erzählungen von Tundalus die am weitesten verbreitete Jenseitsvision in der Volkssprache und hatte großen Einfluss auf die Frömmigkeitshaltung der Religiosen. Zudem scheint ein Einfluss des Textes und seiner Bildhaftigkeit auf die Höllenvisionen des Hieronymus Bosch möglich.

Im Seminar wird es darum gehen, den Text in der 1483-1485 von den Speyerer Verlegern Johann und Konrad Hist gedruckten Fassung (nebst der eindrucksvollen Holzschnitte) zu analysieren, sie sodann in die Geschichte der Eschatologie allgemein und der Jenseitsvisionen im Besonderen einzuordnen, schließlich nach den Intentionen der Bearbeiter und Verbreiter des Textes im Kontext des spätmittelalterlichen Angstsyndroms und der Laienkatechese zu fragen. Nicht zuletzt sollen dabei das weit verbreitete Bildmaterial über die Hölle und das Fegefeuer mit einbezogen, sowie der mögliche Einfluss auf Bosch bedacht werden.

Der Text des Druckes und eine einführende Literaturliste werden gegen Ende des Wintersemester zum Kopieren bereit gestellt (bitte auf den Anschlag am Weißen Brett achten!)

Den Schein gibt es für ein Referat mit Ausarbeitung oder für eine Hausarbeit. Zur Vorbereitung empfehle ich (außer der Lektüre des Textes!):

Jean DELUMEAU: Angst im Abendland, Die Geschichte kollektiver Ängste im Europa des 14. bis 18. Jahrhunderts. Zwei Bände (rororo 7919 und 7920). Reinbek 1985.

Jacques LEGOFF: Die Geburt des Fegefeuers. Stuttgart 1984.

 

Oberseminar

Vom Antijudaismus zum Antisemitismus

Beginn: 10. April

Nachdem wir uns im Wintersemester anhand von Primär- wie Sekundärliteratur vor allem mit dem Verhältnis der protestantischen Theologen zu den Juden, sowie mit dessen Umsetzung in der protestantischen landesherrlichen Praxis beschäftigt und versucht haben, beide Aspekte mit der Veränderung in der spätmittelalterlichen Frömmigkeitshaltung und der Herausbildung modernen Staatsverständnisses zu korrelieren, soll im Sommersemester der Aspekt der partiellen Umwandlung des Antijudaismus der vom Christentum geprägten Jahrhunderte in den Antisemitismus der Neuzeit im Vordergrund stehen. Dabei wird es nicht nur um diesen Umwandlungsprozess selbst gehen, sondern auch um sein Weiterwirken in Texten der Neuzeit, sowie um spezielle Ausprägungen des Antisemitismus in kirchlichen/religiösen Milieus des 19. und 20. Jahrhunderts im Kontext der Juden-Emanzipation.

Erwartet wird die persönliche Anmeldung in der vorlesungsfreien Zeit (oder früher!) und die Bereitschaft, Texte zur Diskussion vorzubereiten und die Diskussion im Seminar selbst zu leiten.

Zur Vorbereitung empfehle ich:

Elke-Vera KOTOWSKI, Julius H. SCHOEPS, Hiltrud WALLENBORN (Hgg.):

Handbuch zur Geschichte der Juden in Europa. Zwei Bände, Darmstadt 2001.

Darin die Abschnitte:

Band 1: Mitteleuropa (S. 15-163)

Band 2: Die Juden und die christliche Gesellschaft (S. 299-363) Judenfeindschaft (S. 367-424)


 

Winter 2001/2002

 

Einführungsseminar (Proseminar)

Einführung in die Ältere deutsche Literaturwissenschaft I

Beginn: 19. Oktober

Diese Einführung ist auf zwei Semester angelegt. Im Wintersemester soll zunächst 'das Mittelalter' allgemein Gegenstand der Darstellung und Diskussion sein. Dabei werden in einem ersten Teil des Seminars diejenigen Strukturen im Vordergrund stehen, die für die Literatur des Zeitalters konstitutiv sind: Religion, Kultur, soziale und ökonomische Verhältnisse.

Im zweiten Teil des Wintersemesters sollen anhand der detaillierten Darstellung einzelner herausragender Personen der Kirche, der Politik und der Literatur die zuvor allgemein besprochenen Themen vertieft und anschaulich gemacht werden. In diesem Semester werden dies – meinem Semesterthema 'Ordnung der Dinge' entsprechend – folgende Personen sein: Der Theologe und Philosoph Albertus Magnus (ca. 1200 – 1280), Kaiser Friedrich II. (1194 – 1250) und der Kleriker und Lehrbuchautor Thomasin von Zerklaere (ca. 1185).

In die einzelnen Arbeitsschritte integriert werden Informationen über Arbeitsmittel und Arbeitstechniken der Germanistischen Mediävistik.

In diesem ersten Semester der Einführung wird auch eine kompakte Einführung in das Mittelhochdeutsche angeboten, deren Erfolg mit einer kleinen Hausarbeit getestet wird. Das Ergebnis wird auf dem Schein für das Gesamtseminar am Ende des Sommersemesters 2002 bestätigt.

Zur Arbeitsweise: Im ersten Abschnitt der Einführung und in der 'Einführung in das Mittelhochdeutsche' wird der Vortrag des Seminarleiters im Vordergrund stehen. Die exemplarische Darstellung der Personen wird von studentischen Arbeitsgruppen vorbereitet und im Plenum vorgetragen.

Scheine können erworben werden durch (Gruppen-)Referat (mit anschließender schriftlicher Ausarbeitung, die nach Abgabe in der Sprechstunde besprochen und benotet wird) oder durch eine kleine Hausarbeit, die am Ende des Sommersemesters 2002 über den Stoff (außer Mittelhochdeutsch, s.o.) beider Semester angefertigt wird.

Als Arbeitsgrundlage dient:

Thomas Bein: Germanistische Mediävistik, Eine Einführung. (Grundlagen der Germanistik 35) Berlin 1998.

Eine einführende Bibliographie zur Vorbereitung und Vertiefung der besprochenen Themen, zur Erarbeitung der Referate und Hausarbeiten, zugleich als 'Vademecum' für das Studium der Germanistischen Mediävistik gedacht, wird am Anfang des Semesters zur Verfügung gestellt.

 

Seminar

"Alls ob sie all vol teüfel wern". Hans Folz und die Juden.

Beginn: 15. Oktober

Als Edith Wenzel 1992 ihre Habilitationsschrift in Druck gab, deren zweiter Teil der "Judenfeindschaft in den Spielen von Hans Folz" gewidmet ist, gab es zu diesem Thema nur zwei kleinere Abhandlungen (von E. Wenzel und W. Frey, beide 1982). Inzwischen ist die Literatur, nicht zuletzt durch Edith Wenzels Schrift angeregt, angewachsen, so dass es sich lohnen könnte, eine Zwischenbilanz zu ziehen. So soll in diesem Seminar versucht werden, die Stellung des Autors Hans Folz und seines Werkes im Kontext der Geschichte Nürnbergs in seiner Zeit, im Kontext der Verschärfung der Bedrückung der jüdischen Minderheit im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert, im Kontext des Werdens der Neuzeit (Stichwörter: Zentrierung und Disziplinierung) anhand der seit etwa 1990 erschienenen historischen und literaturhistorischen Sekundärliteratur herauszuarbeiten.

Um den Darstellungen ein textliches Fundament zu geben, soll ihnen die eingehende Lektüre ausgewählter Texte des Barbiers, Meistersingers, Fastnachtspieldichters und Reimpaarspruchdichters Hans Folz vorausgehen.

Scheine für Referat mit schriftlicher Ausarbeitung.

Es wäre schön und dem Vorhaben dienlich, wenn sich die Studierenden, die sich für dieses Seminar interessieren, schon in einer Sprechstunde in der vorlesungsfreien Zeit anmelden und informieren (und eventuell sogar schon ein Thema übernehmen[?]) würden.

Zur Vorbereitung wird empfohlen:

Friedrich Battenberg: Das Europäische Zeitalter der Juden. Zur Entwicklung einer Minderheit in der nichtjüdischen Umwelt Europas. Band I: Von den Anfängen bis 1650. 2. Auflaghe, Darmstadt 2000.

Johannes Janota: Artikel 'Hans Folz'; in ²VL II, 1980, Sp. 769-793.

Edith Wenzel: 'Do worden die Judden alle geschant'. Rolle und Funktion der Juden in spätmittelalterlichen Spielen. (Forschungen zur Geschichte der Älteren Deutschen Literatur, Band 14) München 1992, bes. Teil II.

 

Oberseminar

Protestanten und Juden im 16. Jahrhundert. Texte und Probleme.

Beginn: 17. Oktober

Die traditionelle christliche Judenfeindschaft, die auf die Evangelien, die Lehren und Schriften der Kirchenväter zurückgeht und in der Theologie und Philosophie des Mittelalters ausgearbeitet und systematisiert wurde, war nicht, wie es mitunter noch kolportiert wird, mit Luther und der Reformation beendet.

Zwar lehnte man auf Seiten der Reformatoren einhellig die Lehren der mittelalterlichen Kirche ab, auch was das Verhältnis der Christen zu den Juden betraf (unsere narren die Bepste, Bischoff, Sophisten und Munche, die groben esels kopffe, haben bis her also mit den Juden gefaren, das, wer eyn gutter Christ were geweßen, hette wol mocht eyn Jude werden, polemisiert Luther 1523 gegen seine lieben freunde, die Papistenn [WA 11, S. 314]), aber indem man, um ein neues Verhältnis von christlicher Mehrheit zur jüdischen Minderheit zu begründen, auf die Evangelien und auf die Lehren der Kirchenväter zurückgriff, übernahm man deren zum Teil schon stark antijüdisch geprägte Haltungen, verband sie mit Vorstellungen von einem idealen christlichen Staat – und landete in der Praxis genau da, wo die alte Kirche schon war: bei der Separierung und Ausgrenzung der Juden auch aus den reformierten Städten und Territorialstaaten.

Im Oberseminar wollen wir versuchen, nach der Lektüre einiger Schriften von Reformatoren über die Juden und das christlich-jüdische Verhältnis (z.B. Martin Luther, Martin Bucer, Georg Nigrinus) die Praxis der protestantischen Obrigkeiten (z.B. anhand einiger Abhandlungen von Rotraud Ries) zu betrachten, schließlich wollen wir versuchen, die Entwicklung im größeren Zusammenhang des Werdens der neuzeitlichen Gesellschaft (z.B. anhand der Arbeiten zur Zentrierung von Bernd Hamm; anhand des Buches über Kulturelle Reformation. Sinnformationen im Umbruch, hg. von Bernhard Jussen und Craig Koslofsky. Göttingen 1999) zu verstehen.

Eingeladen sind alle Studierenden, die sich in absehbarer Zeit examinieren lassen (wollen/müssen) und einschlägige Themen wählen wollen. Es wäre schön und der Arbeit im Oberseminar dienlich, wenn sich die Interessent/inn/en in einer der Sprechstunden in der vorlesungsfreien Zeit anmelden und ein Thema übernehmen könnten.