Arbeitsfeld Hörfunk und Fernsehen

Nach unserem Einstiegserfolg im Januar, als drei Ehemalige über das "romanistische" Arbeitsfeld: Verlag berichteten, erlebten wir zu unserer zweiten Veranstaltung in der Reihe "Romanistik und Beruf" einen ähnlichen Zuspruch. Trotz heißen Wetters kamen viele Studierende, um den anregenden Bericht unserer Gäste zu verfolgen.

Wir hatten eingeladen Birgit Spielmann, Journalistin beim Hessischen Rundfunk, Ruth Jung, freie Autorin beim Deutschlandfunk, und Frank Weinert, freier Mitarbeiter bei mehreren Fernsehstationen, darunter die Nachrichtenabteilung bei Arte in Straßburg und EuroNews in Lyon. Während die Damen als erfahrene Journalistinnen schon auf eine längere Dienstzeit beim Rundfunk zurückschauen, war Frank Weinert, der Mitte der 90er Jahre sein Studium abschloss, der Benjamin in der Runde. Die Moderation übernahm Francine Singer, Lehrbeauftragte an unserem Institut und selbst Journalistin beim Bayrischen Rundfunk. Dank ihrer kompetenten Gesprächsleitung konnten wir uns an einer sachlich anspruchsvollen und lebhaften Diskussion erfreuen. Unsere Gäste decken eine Vielfalt von inhaltlichen Bereichen und Tätigkeiten im Medienjournalismus ab, repräsentiert durch unterschiedliche Anstalten in Rundfunk- und Fernsehen.

Zuerst lernten wir die unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnisse von Festangestellten (sogenannten Festen), von Freien und festen Freien kennen. Während Festanstellungen in Zeiten von Budgetkürzungen und wachsenden Sparzwängen immer rarer werden, erhöht sich dementsprechend die Zahl von freien Mitarbeitern, die einen immer größeren Umfang der Recherche und Erarbeitung von Beiträgen übernehmen. Zu ihrem beruflichen Dasein gehören Freiheit und Unabhängigkeit, aber auch Risiko und soziale Unsicherheit, da nach erbrachter Einzelleistung bezahlt wird und in Flautezeiten die Einkommenskasse leer bleibt. "Das ist eigentlich eine Form des modernen Tagelöhnerwesens", kritisiert Ruth Jung diese Entwicklung. Was sie jedoch an ihrem Beruf als freie Autorin schätzt, sind vor allem die intellektuellen Reize und die Recherchetätigkeit, die Motivation und inhaltliches Herzstück eines guten Beitrages ausmachen. Freier Mitarbeiter mit ähnlichen Risiken und Freuden ist auch Frank Weinert. In der Mitte zwischen Festen und Freien liegt der Typ der festen Freien. Im Unterschied zu den freien Mitarbeitern ist ihnen ein bestimmtes monatliches Auftragsvolumen sicher, was eine geregelte Einnahmequelle bedeutet. Aufträge darüber hinaus stocken diesen Betrag auf. Eine solche Stelle besetzt Birgit Spielmann. Sie leitet als Redakteurin eine Kultursendung beim Hessischen Rundfunk, die aktuell und täglich recherchiert sein muss. Neben institutioneller Stellung und sozialer Absicherung unterscheiden sich auch Arbeitsalltag und Aufgabenbereiche unserer Gäste.

Die Spezialität von Ruth Jung als freier Autorin ist das Feature. Dieses Genre bezeichnet sie als eine "Nische" im aktuellen Radiobetrieb, wo noch relativ lange (ca. 40 Minuten), anspruchsvolle und gut recherchierte Beiträge untergebracht werden können. Kennzeichen solcher Beiträge sind Originaltöne, Musik und Toncollagen. Die Vorbereitungen und Recherchen dafür sind aufwendig. Ein Exposé muss entwickelt und vom Sender ausgewählt werden, Fakten müssen recherchiert, Interviewpartner ausgesucht und kontaktiert werden. Alle aufgezeichneten Tonkassetten müssen abgehört, transkribiert und, wenn sie in einer Fremdsprache vorliegen, übersetzt werden. Vor allem dies ist eine Extraarbeit, die nicht zusätzlich vergütet wird. Sind alle Materialien recherchiert und aufbereitet, geht es in die Phase des Manuskriptschreibens. Anschließend wird die Sendung in etwa vier Tagen produziert, wobei das Verhältnis von Autoren und Redakteuren auch seine delikaten Seiten hat. Besonders wenn es um Regieanweisungen und Kürzungen des Manuskripts geht, bleibt die eine oder andere Reibung nicht aus. Abschließend hörten wir einen Ausschnitt aus Ruth Jungs zuletzt beim Deutschlandfunk produzierten Feature über die neuen sozialen Bewegungen in Italien und ihren Protest gegen Berlusconi mit dem Titel: "Wer ist hier eigentlich der Gehörnte".

Betrachtet man das Verhältnis von freien AutorInnen und RedakteurInnen steht Birgit Spielmann auf der anderen Seite. Sie ist für die Zusammenstellung der Beiträge, ihre Anordnung und alle Aufgaben bis hin zur "abfahrbereiten Sendung" zuständig. Sparzwänge und ein hastiger werdender Rhythmus im schnelllebigen Informationsgeschäft haben auch ihre Tätigkeit verändert. Während viel weniger Zeit für Recherche und Möglichkeiten für freie Themenwahl zur Verfügung stehen, müssen Redakteurinnen im Zeitalter der Digitalisierung heute auch ihre Beiträge selbst schneiden. Der traditionelle Cutter hat ausgedient. Als "Verwalterin des Mangels" sieht sich und weist damit auf die schwierige Lage im Medienbetrieb insgesamt hin.

Frank Weinert ist Nachrichtenjournalist. Im Unterschied zu Ruth Jung kann er sich zeitaufwendige Recherchen vor Ort nicht leisten, sondern greift für seine Beiträge auf Bilder aus Nachrichtenpools zurück. Archivbilder werden ausgewählt, ein Text entworfen und beides zusammengebracht. Als Nachrichtenjournalist im Tagesgeschäft muss man fit, beweglich und eigentlich überall sein. Seine auch geographisch weit entfernten Arbeitsorte bezeichnet Frank deshalb als seine "Baustellen", auf denen er viel unterwegs ist. Als Kostprobe seiner Arbeit sehen wir einen kurzen Beitrag zum "Letzten Tag der Concorde", der in einer Nachrichtensendung bei Arte-Info ausgestrahlt wurde.

Dem Motto der Veranstaltung folgend, diskutierten wir dann mit den Gästen über Berufschancen und Qualifikationsmöglichkeiten. Wie wird man ein guter Journalist? Wie bekommt man eine Stelle? Im Grunde gilt auch hier, dass es feste Berufsbilder in der Zukunft immer weniger geben wird. Ruth Jung unterstrich jedoch, dass die Uni eine Grundausbildung liefere, in dem sie dazu erziehe "selbständig, schnell, flexibel, zielorientiert und diszipliniert zu arbeiten". Das gehört heute zweifellos zum unverzichtbaren Rüstzeug eines Journalisten, egal in welchem Bereich. Birgit Spielmann, die das Metier sozusagen von der Pike auf gelernt hat, bereits während ihres Studiums Praktika absolvierte, für eine Frauenzeitschrift arbeitete, dann ein Volontariat und eine Redakteursausbildung beim HR anschloss, ermutigt die Studierenden, Einsatz zu zeigen, Gelegenheiten wahrzunehmen und notfalls auch für diese zu kämpfen. Sich nicht entmutigen und wegschicken lassen, heißt die Devise. Frank Weinert erzählt, wie er als Seiteneinsteiger ohne Journalismusstudium, aber mit den richtigen persönlichen Kontakten den ersten Auftrag bei EuroNews ergatterte: "Manchmal spielt da auch der Zufall eine Rolle, wenn man für jemanden einspringen soll, der gerade krank ist". Die Gelegenheit beim Schopfe zu packen, hieß es auch für Francine Singer, als sie bei ihrem ersten Vorstellungsgespräch gefragt wurde: "Zu welchem Thema würden sie denn einen Beitrag machen wollen?". Zum Glück fiel ihr ohne langes Zögern etwas ein: "Chateaubriand!", und sie hatte ihren ersten Auftrag. Beim Umtrunk im Abendsonnenschein auf der Terrasse klang die Veranstaltung aus. Wir danken unseren Gästen für ihren freimütigen Bericht, der die Balance fand, nichts zu beschönigen ohne jedoch zu entmutigen. Ein journalistischer Beruf lohnt sich immer noch, selbst wenn der Markt wie über all enger geworden ist.

Kontakt

Institut für Romanische Sprachen und Literaturen
Alumni-Netzwerk
Norbert-Wollheim-Platz 1, Raum IG 5.214
60629 Frankfurt am Main

romanistik.alumni@em.uni-frankfurt.de

Organisation:
Dr. Lena Schönwälder, Schoenwaelder@em.uni-frankfurt.de
Dr. Frank Estelmann, Estelmann@em.uni-frankfurt.de